Christian Klein

CDU entsetzt über politische Einflussnahme

Mit Entsetzen hat die CDU-Fraktion im Geraer Stadtrat das Schreiben des Präsidenten des Landesverwaltungsamtes Frank Rossner vom heutigen Tag zur Kenntnis genommen. „Nun ist doch das eingetreten, was wir bereits Anfang der Woche vermutet hatten. Wie wir von anderen Stadtratsmitgliedern, die Verhandlungen mit den Fraktionen der Linken, SPD und Grünen geführt haben, sicher wissen, führte der Fraktionsvorsitzende der Linken, Andreas Schubert, mehrere Telefonate mit dem Präsidenten des Landesverwaltungsamtes Frank Rossner.

Vermutlich haben diese Telefonate am Ende den gewünschten Erfolg gehabt und Herr Rossner hat nun mit einem Schreiben dafür gesorgt, dass die Stadtratssitzung durch den Oberbürgermeister abgesagt werden musste. Sollte sich diese Vermutung bewahrheiten, so entlarvt sie das mangelnde Demokratieverständnis von Herrn Schubert (Die Linke)“ so CDU- Fraktionsvorsitzender Christian Klein.

Die Argumentation des Präsidenten des Landesverwaltungsamtes kann durch die CDU-Fraktion nicht nachvollzogen werden und beweist, dass sich der Präsident des Landesverwaltungsamtes wieder einmal ohne Detailkenntnisse und ohne Not direkt in kommunale Belange einmischt.

„Aus Sicht der CDU-Fraktion sind die Argumente des Präsidenten des Landesverwaltungsamtes hanebüchener Unsinn,“ so Klein (CDU).

Zu den Argumenten im Einzelnen:

1. Der Präsident des LVA behauptet, dass der Kauf von Straßenbahnen in größerer Anzahl sinnvoller und wirtschaftlicher sei, da die einzelne Bahn dann billiger werde. Die CDU Fraktion antwortet: Es ist eine Binsenweisheit, dass in der Wirtschaft grundsätzlich Mengenrabatte eingeräumt werden, ganz gleich, ob es sich um die Beschaffung von Klopapier oder Straßenbahnen handelt. Aber diese Frage stellt sich hier nicht, da die Stadt nur die Anzahl an Straßenbahnen beschaffen sollte, die auch notwendig ist. Notwendig sind nach dem derzeit gültigen Nahverkehrsplan sechs Straßenbahnen. Und 6 Bahnen kosten weniger als 12 Bahnen.

2. Der Präsident des LVA behauptet, die Wirtschaftlichkeit der Darlehnsumwandlung sei durch die Stadt nicht ausreichend betrachtet worden. Falsch! Das von der Stadt beauftragte Gutachten von der Fa. Rödl und Partner nimmt zur Wirtschaftlichkeit dezidiert Stellung. Diese Finanzierungsvariante wurde aber verworfen, da hier erhebliche europa- und vergaberechtliche Risiken bestehen. Diese hat Herr Rossner offenbar nicht zur Kenntnis genommen.

3 Der Präsident des LVA behauptet, die Wirtschaftlichkeit der Darlehnsumwandlung und auch der anderen Varianten müsste untersucht werden. Fakt ist, dass das Landesverwaltungsamt am 06.03.2020 die Stadt Gera schriftlich aufgefordert hat, die Wirtschaftlichkeit der Finanzierungsvarianten zu prüfen. Nur auf Grundlage dieses Schreibens hat die Stadt Gera das Gutachten, auf Empfehlung des Landesverwaltungsamtes, bei der Fa. Rödl und Partner in Auftrag gegeben. Das Verfahren der Beauftragung und die Erarbeitung der städtischen Vorlage zum Investitionszuschuss wurde eng mit dem Landesverwaltungsamt abgestimmt. Involviert hierbei war die Rechtsaufsicht mit dem Abteilungsleiter Herr Kolbeck, der Referatsleiter Herr Hausmann, der Sachgebietsleiter Herr Kehler und die Sachbearbeiterin Frau Born. Alle Beteiligten kennen die Ergebnisse des Gutachtens und waren mit dem Vorgehen der Stadt einverstanden. Dies bestätigte das Landesverwaltungsamt auch mit einer E-Mail vom 09.04.2020.

4. Der Präsident des LVA behauptet weiterhin, die Stadt Gera könne ja auch einen Kredit zur Finanzierung der Bahnen aufnehmen. Das Landesverwaltungsamt hat hingegen mit E-Mail des oben erwähnten Referatsleiters unter Einbeziehung des Präsidiums des LVA bestätigt, dass die Stadt keine haushaltsrechtliche Genehmigung für einen Kredit bekommen werde, da sie eine „haushaltssichernde Kommune“ sei und nicht über die ausreichende finanzielle Leistungsfähigkeit verfüge.

5. Der Präsident des LVA behauptet zuletzt, dass Abweichungen vom Nahverkehrsplan aufgrund der Corona- Pandemie vertretbar seien. Die CDU Fraktion stellt sich ernsthaft die Frage, ob Herr Rossner die Unterlagen gelesen hat, die dem Landesverwaltungsamt vorliegen. Die ersten Bahnen werden frühestens im Jahr 2023 geliefert. Geht das LVA etwa davon aus, dass das Corona-Virus auch in drei oder fünf Jahren noch relevant sein wird? Plant Herr Rossner für die nächsten 10 Jahre in allen Thüringer Kommunen eine Auslastung des ÖPNV nur noch im Hinblick auf die aktuell geltenden Abstandsregeln für die Fahrgäste? Ist dies sein Verständnis von Wirtschaftlichkeit??

Im Ergebnis steht für die CDU-Fraktion fest, dass Herr Schubert durch sein Agieren nunmehr verhindert hat, dass überhaupt neue Straßenbahnen für Gera beschafft werden können. Denn Aufsichtsratsvorsitzenden Herrn Fröhlich (Grüne) wurde immer wieder dringlich auf die geltende Deadline zum 30.04.2020 zur Antragstellung auf Landesförderung hingewiesen. Diese war ja auch der Grund für die Dringlichkeit der heutigen Stadtratssitzung. Die Not des GVB scheint offenbar nicht so groß zu sein, wenn mehrere Mitglieder des Aufsichtsrates die nun fehlende Entscheidung des Stadtrates in Kauf nehmen. Es drängt sich deshalb der Eindruck auf, dass nur die Aussicht, im Stadtrat evtl. keine Mehrheit für die Beschaffung von 12 Bahnen zu erlangen, den Ausschlag für die fatale Intervention des Landesverwaltungsamtes gegeben hat. „Nunmehr sollte es erstmal die Aufgabe des Stadtrates seien, den Nahverkehrsplan zu überarbeiten und den Bedarf der Stadt Gera festzustellen. Bis dahin verbietet sich nunmehr die Beschaffung von Straßenbahnen. Daher ist auch ein Gespräch mit dem Präsidenten des Landesverwaltungsamtes derzeit nicht notwendig. „Auch wären meine Erwartungshaltung in ein solches Gespräch äußerst gering, da ich Herrn Rossner in mehrere Gesprächsrunden bereits erlebt habe. Diese Runden waren gekennzeichnet, von Unkenntnis, Zusagen die rechtlich nicht realisierbar sind und mangelnde Kompetenz. Gespräche derart wie zum Verkauf des Wismutklinikum, zur Flüchtlingsfrage und zum Haushalt der Stadt sind aus meiner Sicht daher reine Zeitverschwendung“, so Klein (CDU).